Das Thema E-Mobility nimmt enorm an Fahrt auf, doch die Ladeinfrastruktur für Elektroautos ist bisher noch nicht ausreichend ausgebaut. Das haben auch die ehemaligen Studenten der TH Ingoolstadt Johannes Engeln, Michael Masnitza und Tobias Wagner erkannt. Sie gründeten daher ihr Startup ChargeX und entwickelten eine innovative Ladestation für Elektroautos, die pro System nicht nur ein, sondern mehrere Fahrzeuge laden kann und dadurch deutlich kostengünstiger ist. Doch wie sind die Gründer auf ihre Idee gekommen und welche Herausforderungen musste sie meistern? HOCHSPRUNG hat mal bei Tobias Wagner, einem der Co-Founder, genauer nachgefragt…
Stellt euch bitte kurz vor: Was genau macht euer Startup und was ist das Besondere an eurer Geschäftsidee?
Der Dreh- und Angelpunkt in unserem Startup, Charge-X, ist das Thema Elektromobilität. Wir haben gemerkt, dass das Thema E-Mobility enorm an Fahrt aufnimmt, aber worum man sich eigentlich kümmern muss, ist die Ladeinfrastruktur. In den meisten Fällen, nämlich bei 80% aller Ladevorgänge, werden die Fahrzeuge dort geladen, wo sie auch länger stehen, z. B. tagsüber beim Arbeitgeber, nachts zu Hause oder in Parkhäusern. Aktuelle Lösungen kümmern sich immer darum, ein Fahrzeug aufzuladen. Wenn du mehrere brauchst, dann kaufst du einfach mehrere Ladestationen und musst die separat installieren, was aufwendig und teuer ist. Genau für diesen „use case“ entwickeln wir ein Komplettsystem, das immer mehrere Fahrzeuge laden kann und dabei deutlich kostengünstiger ist. Wir haben eigentlich die Technik von einer Ladestation genommen und das in ein System eingebaut, damit mehrere Fahrzeuge an dieser einen Ladestation sequentiell, nacheinander aufgeladen werden können. Wir entwickeln daher Ladelösungen für Elektroautos, die im Prinzip wie eine intelligente Mehrfachsteckdose funktionieren. Also braucht man auch Sicherheitskomponenten und Energiezähler, also alles das, was eine Ladestation braucht, immer bloß einmal. Das war die Idee, die uns angetrieben hat und uns so besonders macht.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Ich bin schon seit mehreren Jahren in dem Bereich aktiv und fahre auch selbst ein Elektroauto. Neben dem Studium hatte ich verschiedene Werkstudentenjobs in dem Bereich und bei meinem alten Arbeitgeber konnte ich etwas Lustiges beobachten: Es gab nämlich fünf Ladestationen. Und wenn in der Früh alle in die Arbeit gekommen sind, haben sich fünf Elektroautos da angesteckt. Aber die waren natürlich nicht alle leer, denn in der Regel pendelt man ja nicht mehr als 10 bis 20 Kilometer in die Arbeit. Das heißt, die haben sich alle an diese teure Ladestation angesteckt und nach ein bis zwei Stunden ist da unten gar nichts mehr passiert. Die Elektroautos sind eigentlich den kompletten Tag vollgeladen an dieser Ladestation rumgestanden. Und da haben wir gesagt, das ist sehr ineffizient und sehr teuer. Zusammen mit meinem damaligen Arbeitskollegen und Co-Founder Michael, haben wir uns überlegt, wie wir dieses Problem technisch lösen können. Wir haben dann den ersten Prototypen gebaut, der auch tatsächlich wie eine Mehrfachsteckdose funktioniert hat, es gab also einen Eingang für eine Ladestation und zwei Ausgänge für zwei Elektroautos. Nach unserem ersten Wettbewerb, haben wir das Konzept dann nochmal komplett überarbeitet, um unser finales Produkt zu erhalten.
Welche Rolle spielte die Hochschullandschaft für eure Gründungsinitiative? Wovon habt Ihr besonders profitiert (Angebote, Veranstaltungen, Wettbewerbe usw.)?
Ich habe ja an der TH Ingolstadt studiert und wobei mir die Hochschule auf jeden Fall weitergeholfen hat, ist das Thema Co-Founder-Suche. Die Gründerinitiative „new-exist“ organisiert regelmäßig Veranstaltungen und Events, bei denen man seine Ideen teilen kann, sich mit Gleichgesinnten austauscht und Feedback bekommt. Und dort habe ich den dritten Co-Founder, John, kennengelernt. Und so war dann auch das Gründerteam sehr, sehr schnell perfekt. Auch nochmal aus finanzieller Sicht hat uns die Hochschule weitergeholfen, denn aktuell haben wir das EXIST-Gründerstipendium bekommen. Dieses Stipendium wird zwar von der Bundesregierung gestellt, aber über die Hochschulen eingesteuert. Und da haben wir Beratungsunterstützung erhalten und konnten den Businessplan gemeinsam mit der Hochschule erstellen.
Was waren die bislang größten Herausforderungen für euch?
Sich in die ganzen Finanzierungsthematiken, in den Austausch mit Investoren, in die rechtlichen Rahmenbedingungen einzulesen, und nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Anwalt zu laufen, das war schon erstmal eine große Herausforderung. Das hat auch viel Zeit gekostet, war es aber auch wert. Dann sind wir ein Hardware-Startup. Wir entwickeln zwar auch viel Software, aber es ist im Endeffekt auch eine Hardware-Idee und da merken wir, dass das einfach noch eine enorme Herausforderung ist. Vor allem Hardware in hoher Qualität auszuliefern, ohne lange Berufserfahrung im Bereich Engineering zu haben, ist aktuell eigentlich so die allergrößte Herausforderung. Das dritte wäre eigentlich Leute zu finden. Wir wollen jetzt schnell wachsen und merken, dass Timing essenziell ist. Da musst du schnell die Kapazitäten aufbauen, aber natürlich im Einklang mit deiner Unternehmens- und Start-up-Kultur und deiner Vision. Leute zu finden, die dahinter stehen und die auch mit finanziellen Einbußen die ersten Jahre leben können, das ist schwierig. Intern gibt’s auch gelegentlich Herausforderungen. Es hören viele Startups auf, weil sie sich gestritten haben oder uneinig sind. Was wir da aber sehr gut machen, ist unsere strikte Verantwortungsaufteilung. Wir haben ganz unterschiedliche Arbeitsbereiche, jeder ist in seinem Bereich der Experte. Dadurch kommen wir uns selten in die Quere. Natürlich streiten wir uns auch manchmal, aber wir haben großes Vertrauen in einander.
Welche Empfehlung oder welchen Tipp möchtet ihr anderen Gründern und Gründungsinteressierten mit auf den Weg geben?
Generell bin ich der Meinung, dass man Ideen schnell zu einem Punkt bringen sollte, an dem man wirklich beurteilen kann, ob sie gut sind oder nicht. Das rate ich wirklich jedem. Sei es eine Website, eine App oder irgendwas in der Art, einfach schnell etwas bauen, worunter sich die Leute etwas vorstellen können. Erst dann kann man wirklich rational entschieden, ob man da jetzt viel Geld und Zeit investiert. Und generell: Man sollte immer etwas machen, das einen interessiert, wo man dahinter steht. Wenn du pitchst und Leute überzeugst, musst du immer deine Story erzählen und das ist bei uns auch sehr authentisch, weil wir ein echtes Problem selbst gelöst haben.
Wenn du etwas gerne machst, dann sehen dir das die Leute an. Wenn du auch gleichzeitig der Kunde deiner Lösung bist und weißt, wie das Ganze aussehen muss, dann erhöht das die Glaubwürdigkeit enorm. Und letztlich: Wir haben schon viele Wettbewerbe gewonnen, aber ich glaube, es liegt nicht daran, dass wir das beste Produkt der Welt haben, sondern, dass man Leuten Geschichten erzählt. Wenn du deine Idee auf den Punkt bringen kannst und innerhalb von einem oder zwei Sätzen einfach sagen kannst, was du machst, dann ist es einfach richtig gut. Wir haben uns teilweise in Wettbewerben gegen andere durchgesetzt, deren Produkte viel komplexer waren und vielleicht einen größeren Markt adressieren, aber wenn du eine einfache Idee konsequent und fokussiert umsetzen kannst, dann ist das das, was den Unterschied macht. Und das kann jeder machen.