Laut Statistik erkrankt etwa eine von acht Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Um diesen Frauen durch die schwierige Zeit zu helfen, hat das Münchner Start-up MCARE die erste psychoonkologische Companion-App für Brustkrebspatientinnen entwickelt. Durch die App sollen psychologische Begleitsymptome der Krankheit gelindert werden. Zu den auftretenden Symptomen zählen beispielsweise Angst und Depression. Die drei Gründer:innen Moritz Wessely, Niclas Aiken und Milena Traykova sind durch eine inspirierende Geschichte im Bekanntenkreis auf die Idee gekommen und haben mit Hilfe vom Strascheg Center und der Hochschule München ihr Vorhaben umsetzen können. Uns haben sie von ihren größten Herausforderungen erzählt und geben ausführliche Tipps für andere (zukünftige) Gründer:innen. Ebenfalls geben sie uns einen Einblick, wie es war, ihr Start-up mitten in der Corona-Krise zu starten.
Stellt euch bitte kurz vor: Was genau macht euer Startup und was ist das Besondere an eurer Geschäftsidee?
MCARE ist die erste psychoonkologische Companion-App für Brustkrebspatientinnen. Die Anwendung ist eine tägliche Begleiterin für die Patientin und hilft ihr, selbständig die psychologischen Begleitsymptome von Brustkrebs, wie Angst, Depression und verminderte Selbstwirksamkeit zu bewältigen. Durch einen Machine Learning-Algorithmus können wir der Patientin immer die Hilfe zukommen lassen, die sie gerade benötigt. Dies ist insbesondere von Bedeutung, da die psychoonkologische Versorgung in Deutschland, aber auch in der EU extrem schlecht ausgebaut ist. Patientinnen warten 6 Monate oder länger auf einen festen Therapieplatz. Bis dahin sind sie mit dieser enormen psychischen Belastung allein. Genau das wollen wir ändern.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Natalia, eine Bekannte von Moritz, der der Initiator des Startups ist, ist in sehr jungem Alter an Brustkrebs erkrankt. Sie erzählte ihm rückblickend, dass sie die ersten drei Wochen nur geweint hat. Dann hat sie sich allerdings gesagt, das könne es nicht gewesen sein. Und so hat sie es auch durchgezogen, war in Brasilien beim Surfen, arbeitet weiterhin in Vollzeit als Software Engineer. Diese Stärke war unglaublich beeindruckend und inspirierend. Daraufhin suchte Moritz nach einer Idee, wie man dieses „Natalia-Mindset“ allen Betroffenen am Besten schon mit dem Moment der Diagnose an, bereitstellen könnte. Damit war die Saat für MCARE gesetzt.
Welche Rolle spielte die Hochschullandschaft für eure Gründungsinitiative? Wovon habt ihr besonders profitiert (Angebote, Veranstaltungen, Wettbewerbe usw.)?
Die Angebote, insbesondere der Hochschule München und des Strascheg Centers for Entrepreneurship waren und sind enorme Driver auf unserem Weg. Wir sind seit kurzem frisch in den neuen Batch des Inkubators des SCE aufgenommen, was uns sehr freut. Bereits davor hatten wir die Möglichkeit, am ersten Batch der eBridge Alliance teilzunehmen, einem Zusammenschluss der Entrepreneurship-Zentren von Universitäten überall auf der Welt. So vielfältiges Feedback von DEN Expert*innen in einem globalen Setting zu erhalten, war schon eine unglaubliche Gelegenheit. Dass wir den ersten Platz bei eBridge machen konnten, freut uns natürlich auch sehr. Aber auch die „lokalen“ Angebote der Hochschule, wie z.B. die Gründungsberatung sind eine große Unterstützung. Dies liegt vor allem an den hochengagierten Leuten, die dort arbeiten und junge Startups, wirklich pushen wollen.
Was waren die bislang größten Herausforderungen für euch?
Für die ersten Monate hatten wir keinen Data Scientist, der*die für MCARE den ML-Algorithmus entwickeln konnte. Da wir alle noch ohne Bezahlung arbeiteten, musste es jemand sein, der*die ebenso für die Idee brannte, wie wir und es nicht wegen eines Gehalts machte. Diese Lücke konnten wir mittlerweile zum Glück schließen. Der Gesundheitsmarkt ist zudem von außen ein recht hermetisches und zugleich komplexes Gebilde, welches nicht auf Anhieb zu durchschauen ist. Hier hatten wir früh das Glück, Kontakte zu entsprechenden Expert*innen aufbauen zu können, welche uns als Sparring partner unterstützen. Die größte Herausforderung ist vielleicht, dass wir zwar über Wissen verfügen, aber, da wir alle gerade erst in den letzten Zügen unseres Studiums sind, noch über keine Expertise. Umso wichtiger ist da die Zusammenarbeit mit Expert*innen, welche unserem Projekt die Erfahrung beisteuern.
Welche Empfehlung oder welchen Tipp möchtet ihr anderen Gründern und Gründungsinteressierten mit auf den Weg geben?
Sprecht über die Idee und haltet sie nicht zurück in der Angst, jemand könnte sie euch „wegnehmen“. Eine Idee ist stets nur das: eine Idee und vermutlich haben in der gleichen Sekunde noch x andere Leute genau den gleichen Einfall. Es kommt darauf an, was du aus diesem Einfall machst, wie du ihn zu dem entwickelst, was am Ende dein Case, dein Startup ist. Und das geht nur, indem du dir Feedback einholst, je kritischer, desto besser. Das Schlimmste, was dir passieren kann, ist, dass du die ganze Zeit nur hörst, wie klasse deine Idee ist. So wird sie nicht besser und du erreichst dein Ziel vermutlich am Ende nicht. Also such dir Leute, die das Wissen und den nötigen „Mut“ haben, dir qualitative Kritik zu geben.
Und ebenso: Hab keine Angst davor, einfach mal anzufangen und zu schauen, wo du landest, auch wenn dir dein Vorgehen eher „unkonventionell“ erscheint. Moritz als Initiator studiert Jura, also nicht gerade der klassische Background, um ein Digital Health-Startup aufzuziehen. Aber wenn man sich einmal überwunden und den ersten Schritt getan hat, folgt alles Weitere immer natürlicher. Fortuna fortes adiuvat.
Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Euer Start-up aus?
Wir existieren erst seit Mai 2020, sind also sozusagen aus der Krise geboren. Dadurch, dass einige Mitglieder unseres Teams in anderen Landesteilen sitzen, findet unsere Arbeit ohnehin weitestgehend remote statt. Virus hin oder her.
Auf der Case-Ebene merken wir durchaus, dass Covid19 für digitale Lösungen ein ziemlicher „Brandbeschleuniger“ ist. Wir denken, die Krise sorgt dafür, dass alte Paradigmen neu überdacht werden. Das schafft mehr Offenheit, dass Lösungen, wie die unsere gut angenommen werden.